Sorge- und Umgangsrecht

Nachweis der Vaterschaft durch DNA Abstammungsgutachten 
Auch nach einem Vaterschaftstest sind die Betroffenen oft weiterhin unsicher oder unterschiedlicher Ansicht, ob der Test die Vaterschaft nachgewiesen hat oder nicht. 

Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hat nun entschieden, dass eine Vaterschaftswahrscheinlichkeit von 99,99998 Prozent in einem humangenetischen DNA-Abstammungsgutachten ausreichend sei. Weitere Ermittlungen müssten nicht mehr angestellt werden. Bei einem männlichen Bevölkerungsanteil der Bundesrepublik von gut 23 Millionen Personen zwischen 20 und 60 Jahren sei damit ein solcher Grad an Gewissheit erreicht, der keine ernsthaften weiteren Zweifel mehr offenlasse. Eine solche Wahrscheinlichkeit der Vaterschaft liege deutlich höher als in den Fällen, in denen die Rechtsprechung eine weitere Aufklärung für erforderlich halte. Die Vaterschaft gelte damit als festgestellt. Folge in dem Fall war, dass der Betroffene Kindesunterhalt zahlen musste (OLG Stuttgart, 17 UF 53/11).

 

Eingeschränkte Erziehungsfähigkeit rechtfertigt die Übertragung der Alleinsorge 
Ist die Erziehungsfähigkeit eines Elternteils nicht gegeben oder stark eingeschränkt, kann die Alleinsorge auf den anderen Elternteil übertragen werden.

So entschied das Oberlandesgericht (OLG) Hamm in einem entsprechenden Fall. Die Richter hatten festgestellt, dass der Vater sein zehnjähriges Kind gegen die Mutter instrumentalisierte. Zudem machte er die Mutter verächtlich und würdigte sie vor dem Kind herab. Auch verweigerte er jede Absprache mit der Kindesmutter über alle das Kind betreffenden Dinge. Dies spreche nach Ansicht der Richter dafür, dass die Erziehungsfähigkeit des Vaters nicht unerheblich eingeschränkt sei. Sie übertrugen daher der Mutter das (umfassende) Sorgerecht zur alleinigen Ausübung (OLG Hamm, II-8 UF 86/11).

 

Ein Sorgerechtsentzug kann nicht durch Desinteresse in der Vergangenheit begründet werden:
Hat sich der Kindesvater in der Vergangenheit kaum um das Kind gekümmert, rechtfertigt das für sich alleine noch nicht die Entziehung der elterlichen Sorge.

Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) Köln in einem Streit um das Sorgerecht. Die Richter machten deutlich, dass bei einem Antrag der Kindesmutter auf Übertragung bestimmter Teilbereiche der elterlichen Sorge ausschließlich das Wohl des Kindes ausschlaggebend sei. Stimme der Vater dem Antrag nicht zu, könne ihm das Sorgerecht nicht automatisch entzogen werden. Es müssten vielmehr schwerwiegende Anhaltspunkte dafür vorliegen,dass sich die getrennt lebenden Elternteile nicht über die wesentlichen Belange ihrer Kinder einigen könnten und sie auch nicht bereit seien, unter Zuhilfenahme Dritter gemeinsam zum Wohle des Kindes zu handeln.

Nur wenn diese Voraussetzungen gemeinsam vorliegen würden, käme eine Übertragung der elterlichen Sorge in Betracht (OLG Köln, 4 UF 96/11).

Umgangsrecht: Verbot des  fremdsprachlichen Umfangs?
Wird einem die deutsche Sprache beherrschenden Kindesvater aufgegeben, bei durch das Jugendamt begleiteten Umgangskontakten mit seinen Kindern nicht Polnisch, sondern nur Deutsch zu sprechen, ist diese Anordnung rechtsfehlerhaft. Sie berechtigt aber nicht zu einem Schadenersatzanspruch.

So entschied das Hanseatische Oberlandesgericht (OLG) im Fall eines Deutsch-Polen, der nach einer Vereinbarung die Umgangskontakte mit seinen Kindern nur begleitet, d.h. im Beisein eines Jugendamtsmitarbeiters wahrnehmen durfte. Weil dieser Mitarbeiter kein Polnisch sprach, wurde dem Mann verboten, mit den Kindern Polnisch zu sprechen. Der hierüber vor dem Verwaltungsgericht geführte Rechtsstreit endete mit dem Nachgeben des Jugendamts, nachdem das Gericht die Anordnung als “kaum haltbar” bezeichnet hatte.

Die Schadenersatzklage des Mannes hatte dagegen vor dem OLG keinen Erfolg. Eine Geldentschädigung wegen einer Persönlichkeitsverletzung komme nach Ansicht der Richter nur in Betracht, wenn es sich um eine schwerwiegende Verletzung handele. Zudem dürfe die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise ausgeglichen werden können. Ein solcher Fall liege hier u.a. deshalb nicht vor, weil es dem Mann durchaus möglich gewesen sei, seine Kinder zu sehen. Er hätte den begleiteten Umgang lediglich in deutscher Sprache führen müssen. Hierzu wäre er ohne Weiteres in der Lage gewesen. Es liege auch entgegen der Auffassung des Mannes keine Verletzung seiner Ehre und Würde als polnischsprachiger Bürger vor. Das Problem, ob der begleitete Umgang auch in einer Fremdsprache durchgeführt werden könne, hätte sich auch bei jeder anderen Fremdsprache stellen können (OLG Hamburg, 1 U 34/10).

Umgangsrecht: Wann steht einem bedürftigem Elternteil im Rechtsstreit ein Anwalt zu?
Soll das Besuchsrecht zwischen einem Elternteil und seinem Kind durch das Familiengericht geregelt werden, kann der Elternteil, der keine ausreichenden Einkünfte hat, um selbst einen Anwalt bezahlen zu können, staatliche Hilfe für das Verfahren (Verfahrenskostenhilfe) bewilligt erhalten und einen Rechtsanwalt beigeordnet bekommen.

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig-Holstein hin. Voraussetzung hierfür sei nach der Entscheidung, dass zwischen dem Elternteil und dem Kind seit längerer Zeit kein Kontakt stattgefunden habe. Grundsätzlich könnten sich Eltern beim Streit um das Besuchsrecht vor Gericht selbst vertreten. Es stehe ihnen frei, sich hierbei durch einen Rechtsanwalt vertreten zu lassen. Habe ein Elternteil keine ausreichenden Einkünfte, um selbst den Rechtsanwalt zu bezahlen, könne er Verfahrenskostenhilfe beantragen. Nach dem hierfür geltenden Verfahrensrecht sei ihm ein Rechtsanwalt beizuordnen, wenn eine solch schwierige Sach- oder Rechtslage vorliege. Nach Ansicht der Richter sei im vorliegenden Fall eine schwierige Sachlage gegeben. Der Vater habe zu seinem Sohn seit mehr als fünf Monaten keinen Kontakt gehabt. Damit sei ein völliger Kontaktabbruch zu befürchten. Demgegenüber hätte die Kindesmutter Bedenken angemeldet, dass das Wohl des gemeinsamen Sohnes bei einem Aufenthalt im Haushalt des Kindesvaters gefährdet sein könnte. Aufgrund der fehlenden juristischen Kenntnisse des Vaters sahen es die Richter als erforderlich an, dass dieser sich angesichts des komplexen Sachverhalts im gerichtlichen Verfahren nicht selbst vertrete, sondern seine Rechte sachgerecht mit Hilfe eines Rechtsanwalts verfolgen könne (OLG Schleswig, 10 WF 29/11).

Betreuender Elternteil muss Umgangskontakte fördern
Der das gemeinsame Kind betreuende Elternteil hat die Pflicht, die Kontakte des Kindes zu dem anderen Elternteil zu fördern.

Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a.M. in einem Rechtsstreit zum Umgangsrecht. Die Richter wiesen dabei auf die gesetzlich vorgesehene Wohlverhaltenspflicht eines jeden Elternteils hin. Diese verpflichte die Eltern in mehrfacher Hinsicht. So müssten sie einerseits alles unterlassen, was einen Umgang des Kindes mit dem anderen Elternteil gefährden könne. Andererseits müssten die Kontakte des Kindes mit dem anderen Elternteil positiv gefördert werden. Unter Umständen müsse diesbezüglich auch erzieherisch auf das Kind eingewirkt werden. Den Vorwurf, gegen die Wohlverhaltenspflicht verstoßen zu haben, kann der betroffene Elternteil nur zurückweisen, wenn ihn kein Verschulden an dem Verhalten des Kindes trifft. Dazu muss er im Einzelfall aufzeigen, wie und in welchem Umfang er auf das Kind eingewirkt hat, um es zum Umgang zu bewegen (OLG Frankfurt a.M., 5 WF 120/13).

Anmeldung zur Klasesenfahrt bindet üblicherweise beide Elternteile
Meldet die Mutter ihr Kind verbindlich zu einer Klassenfahrt an, bindet dies auch den sorgeberechtigten Vater.
Diese Klarstellung traf das Verwaltungsgericht (VG) Minden im Fall einer Tochter, die von ihrer Mutter verbindlich zu einer Klassenfahrt angemeldet wurde. Wegen Unstimmigkeiten über eine Notenvergabe teilte der Vater später mit, dass er die Zusage zur Klassenfahrt bis zu einer Klärung über die Note zurücknehme. Da eine Einigung über die Note nicht erzielt werden konnte, nahm die Tochter an der Klassenfahrt nicht teil. Im vorliegenden Verfahren klagt die Schule die Kosten der Klassenfahrt beim Vater ein.
Das VG entschied, dass der Vater die Kosten tragen müsse. Durch die verbindliche Anmeldung zu einer Klassenfahrt in Kenntnis der zu erwartenden Kosten werde ein einseitiger öffentlich-rechtlicher Vertrag geschlossen. Hierdurch entstehe die Pflicht zur Übernahme der Kosten, auch wenn das Kind z.B. wegen einer Krankheit nicht an der Fahrt teilnehme. Der Vater könne sich auch nicht darauf berufen, dass er mit der Fahrt nicht einverstanden gewesen sei. Liege das Personensorgerecht für das Kind bei beiden Eltern, reiche die Anmeldung durch einen Elternteil aus. Bei einer Gesamtvertretung sei nicht erforderlich, dass die Eltern gemeinsam und gleichzeitig tätig werden. Möglich seien auch getrennte und nacheinander folgende Erklärungen, sowie ein Handeln nur eines Elternteils mit Zustimmung des anderen Elternteils. Insbesondere für den schulischen Alltagsbereich entspreche es der allgemeinen Lebenserfahrung, dass einer von zwei Elternteilen in Vertretung für den anderen handele. Dabei sei davon auszugehen, dass er befugt ist, für den anderen Elternteil rechtserhebliche Erklärungen abzugeben. Eine Ausnahme bestehe nur, wenn der Schule konkrete Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass die Eltern getrennt leben, geschieden seien oder das Sorgerecht im Einzelfall nicht einverständlich ausüben. Das sei vorliegend nicht der Fall. Daher müsse der Vater die Kosten hier übernehmen (VG Minden, 8 K 2772/12).