Urlaub und Urlaubsabgeltung

Übertragung von Urlaubsansprüchen bei Arbeitsunfähigkeit
Nach dem Bundesurlaubsgesetz (BurlG) muss der Erholungsurlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muss der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres gewährt und genommen werden.

Auf diese Grundregeln des Urlaubsrechts wies das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall eines Arbeitnehmers hin, der einen jährlichen Urlaubsanspruch von 30 Tagen hatte. Der Mann war vom 11.1.2005 bis zum 6.6.2008 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Danach nahm er die Arbeit wieder auf. Im weiteren Verlauf des Jahres 2008 gewährte ihm der Arbeitgeber an 30 Arbeitstagen Urlaub. Der Arbeitnehmer wollte nun festgestellt wissen, dass ihm noch ein aus den Jahren 2005 bis 2007 resultierender Anspruch auf 90 Arbeitstage Urlaub zustehe.

Seine Klage hatte jedoch vor dem BAG keinen Erfolg. Die Richter machten deutlich, dass der Urlaubsanspruch spätestens mit Ablauf des 31.12.2008 untergegangen sei. Liege keine abweichende einzel- oder tarifvertragliche Regelung vor, verfalle der am Ende des Urlaubsjahrs nicht genommene Urlaub, sofern kein Übertragungsgrund nach dem BUrlG vorliege. Dies sei jedenfalls in den Fällen anzunehmen, in denen der Arbeitnehmer nicht aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen, etwa aufgrund von Arbeitsunfähigkeit, an der Urlaubnahme gehindert sei. Übertragene Urlaubsansprüche seien in gleicher Weise befristet. Werde ein zunächst arbeitsunfähig erkrankter Arbeitnehmer im Kalenderjahr einschließlich des Übertragungszeitraums so rechtzeitig gesund, dass er – wie hier – in der verbleibenden Zeit seinen Urlaub nehmen könne, erlösche der aus früheren Zeiträumen stammende Urlaubsanspruch genauso wie der Anspruch, der zu Beginn des Urlaubsjahrs neu entstanden sei.

Aber kein unbegrenztes Ansammeln von Urlaubsansprüchen  bei Langzeiterkrankung
Nach Auffassung des EuGH stehen nationale Vorschriften (hier Tarifvertrag), die ein unbegrentzes Ansammeln von Urlaubsansprüchen dadurch einschränken, daß sie einen Übertragungszeitraum vorsehen, nach dessen Ablauf der Anspruch erlischt, nicht gegen Unionsrecht.
Es ist ein angemessener Ausgleich zu schaffen, der dem Arbeitnehmer die positive Wirkunmg der Erholungszeit erhält, und andererseits den Arbeitgeber vor überlangen Urlaubsanspruchszeiträumen schützt.
Ein Ansatzpunkt für eine zulässige Verfallsregelung – die aber entweder kraft Tarifvertrag gelten oder gesondert vereinbart sein muß – kann Art. 9 I des Übereinkommens Nr. 132 IAO sein, der eine Gewährung des Jahresurlaubs spätestens 18 Monate nach Ablauf des Jahres, für das der Urlaubsanspruch erworben wurde, vorsieht.
In der Entscheidung EuGH vom 22.11.2011 C-214/10 wurde auch ein Übertragungszeitraum von 15 Monaten als angemessen betrachtet.

Verfall des Urlaubsabgeltunganspruchs 
Unter Rechtsprechungsänderung stellt das BAG am 09.08.2011  – 9 AZR 365/10 – fest, daß der Anspruch auf Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs – wie bislang auch des tariflichen Mehrurlaubs – aufgrund tariflicher Ausschlußfristen verfallen kann, da es sich um einen reinen Geldanspruch handelt.
In Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung wird der Urlaubsabgeltungsanspruch nicht mehr als Surrogat des Naturalurlaubs angesehen, der unverzichtbar war. Geht man aber nunmehr von einem reinen Geldanspruch aus, ist dieser der vertraglichen Disposition zugänglich.

Ein Urlaubsabgeltungsanspruch nach § 7 IV BUrlG ist nicht vererblich
BAG 20.09.2011 9 AZR 416/10

Der Abgeltungsanspruch setzt voraus, daß der Urlaub wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr in Natur genommen werden kann.
Mit dem Tod des Arbeitnehmers hingegen endet dessen persönliche Leistungspflicht und damit auch jeglicher Anspruch auf Befreiung von dieser Leistungspflicht.
Es entsteht also kein Urlaubsabgeltungsanspruch vor dem Todesfall, der vererblich sein könnte.
Der untergehende Urlaubsanspruch kann sich nicht zeitgleich mit dem Untergang in eine Abgeltungsanspruch verwandeln.

Für die Elternzeit entstehen trotz ruhendem Arbeitsverhältnis Urlaubsansprüche.

Diese Klarstellung hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) getroffen. Die Richter haben zudem einen Hinweis gegeben, wie die Ansprüche zu berechnen sind. Danach kann der Arbeitgeber den Erholungsurlaub für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel kürzen. Wichtig ist dabei allerdings, dass nur ein entstandener Urlaubsanspruch gekürzt werden kann (BAG, 9 AZR 197/10).

Keine Reisebuchung ohne vorherige Urlaubsbewiligung 
Einen Arbeitnehmer trifft im eigenen Interesse die Obliegenheit, eine Reise nicht vor Bewilligung des Urlaubs zu buchen.

Tut er es dennoch, handelt er nach einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Baden-Württemberg auf eigenes Risiko. Daher kann der Arbeitnehmer auch bei rechtswidriger Urlaubsverweigerung des Arbeitgebers regelmäßig keinen Schadenersatz wegen entstandener Reiserücktrittskosten verlangen. Ihn trifft an deren Entstehung wegen der Vorbuchung ein erheblich überwiegendes Mitverschulden. Allerdings kann es nach der Entscheidung auch Ausnahmen hiervon geben. Ist der Arbeitnehmer nämlich nicht in die Betriebsorganisation des Arbeitgebers eingegliedert, kann er grundsätzlich darauf vertrauen, dass der von ihm beantragte Urlaub bewilligt wird. Entgegenstehende dringende betriebliche Belange scheiden aus. In einem solchen Fall berechtigten Vertrauens in die Urlaubsbewilligung besteht keine Obliegenheit, mit der Reisebuchung bis zur Urlaubsbewilligung durch den Arbeitgeber zu warten. Wird der Urlaub trotz der fehlenden Eingliederung in die Betriebsorganisation nicht gewährt, ist der Arbeitgeber zum Ersatz des dadurch entstehenden Schadens verpflichtet. Hierzu gehören auch anfallende Reiserücktrittskosten. Da der Arbeitnehmer auf die Urlaubsbewilligung vertrauen konnte, trifft ihn kein Mitverschulden an deren Entstehung (LAG Baden-Württemberg, 12 Sa 136/12).